Ehrgeiz
Eigentlich hatte ich keine Zeit und vor allem gar keine Lust gehabt, zum Training zu gehen. Der Tag hatte es in sich gehabt und auf dem Weg nach Hause warteten noch einige Erledigungen auf Erledigung.
Nachdem ich alle Besorgungen gemacht, alle Sachen aus und andere Sachen wieder eingeladen hatte machte, ich mich auf den letzten Abschnitt meiner Fahrt: Ab in den Feierabend auf der Couch! Wenige Kilometer vor dem trauten Heim tippte mir das schlechte Gewissen liebevoll auf die Schulter und erinnerte mich an mein Vorhaben, mich noch körperlich zu ertüchtigen.
Ich also hin ins Studio, mich fix umgezogen und ab in die Muskelautomaten. Drei Runden sollten es werden. Am Ende der dritten Runde – vorletztes Gerät – stand Nackendrücken auf den Programm. Der letzte Durchgang fiel schwer, aber eine Wiederholung sollte es noch sein; schließlich sind wir ja Kerle…!
Und Kerle machen Dummheiten. Es zuckte plötzlich ein Schmerz durch meinen Nacken, den man über UKW noch in Moskau empfangen hätte können müssen, hätte man es versucht. Hat man aber nicht, und so ist der Menschheit von hier bis zum Ural entgangen, wie sich ein Mann besten Alters nicht altersgerecht verstümmelt.
Während ich zum Duschen ging fragte ich mich, warum mir das wieder passieren musste und warum ich mir das überhaupt alles antue, mit dem Training und der ganzen Quälerei? Ein guter Freund von mir hat mal behauptet, Männer machten das alles nur wegen der Frauen. Und das klingt logisch. Eigentlich. Nicht aber für mich, denn als ich heim kam und meiner Liebsten von meinem Missgeschick und den damit verbundenen Schmerzen berichtete, nahm sie das alles mit kaum wahrnehmbarer Anteilnahme zur Kenntnis. Von Sorge oder Mitgefühl keine Spur.
Von wegen „für die Frauen“. Wir machen’s für uns, nur für uns. Wie gesagt: Ach, Mann…