"Leben erleben, mit dir, den anderen, und mir"

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Veröffentlicht: 13 Jahren her

Pures Glück

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An meinem letzten Abend in Chicago drehe ich noch einmal meine Runde: Vom Hotel am East Bellevueplace ein Stück die Rush Street herunter, dann links in die East Walton, vorbei an den teuersten Geschäften der Stadt, bis zur Michigan Avenue, der „Magnifigant Mile“ von Chicago. Dort reihen sich die Geschäfte, Touristen, Taxis und Autos (von außen nach innen betrachtet). Das Besondere an diesem Spaziergang heute: Er findet ohne jede Technik statt: Kein Telefon, kein MP3-Player. Nichts dergleichen soll mich heute ablenken.

Vorbei am John Hancock Building und dem alten Water Tower führt mich mein Weg meist bis zum Apple Store. Ich habe dort erst einmal etwas gekauft, bin aber mehr als ein Duzend mal dort gewesen. Offenbar fühle ich mich inmitten der teuren und hübschen Geräte wohl. Weiter geht es nach Süden, so weit es die Zeit zulässt.

Da ich Hunger habe, beschließe ich nicht bis zum Wrigley Building (Ihr kennt es aus den Bat Man-Filmen), einem meiner Lieblingsplätze am Chicago River, zu gehen, sondern bereits über die East Ontario Street zurück zur Rush Street zu gehen, denn dort istGiordano’s on Rush, mein zweitliebster Italiener der Stadt.

Obwohl es hier durchaus üblich ist, dass man zunächst an der Bar auf einen Tisch warten muss, habe ich Glück und bekomme sofort einen Platz. Auch mein Getränk kommt schnell und ich freue mich auf einen naheliegenden Genuss einer einzigartigen Pizza. Doch bei der Bestellung erwähnt die Kellnerin eine Wartezeit von 40 – 45 Minuten. Da ich mich den ganzen Tag auf diese Pizza gefreut habe, beschließe ich – auch unter diesen Umständen – zu bleiben.

Und dann wird die Zeit plötzlich lang: Ohne Handy und ohne jedes elektonische Spielzeug wird es kurzum mächtig langweilig. Was mir bleibt ist, mir mein Getränk einzuteilen (damit ich nicht satt bin bevor das Essen kommt), die anderen Gäste zu beobachten oder zu vermeiden auf die Uhr zu schauen.

Eigentlich, so denke ich, ist es eine Wohltat, nicht abgelenkt zu sein. Für mich völlig überraschend stelle ich fest, dass man nicht sofort aufhört zu leben, wenn man kein Handy mitsamt dem gesamten Internet hintendran dafür nutzen kann, sich selbst auf dem Laufenden zu halten und anderen mitzuteilen, was man gerade tut. Andererseits bringt mich die Langeweile sprichwörtlich um.

Während ich noch darüber nachdenke, dass ich das Handy auch mit zur Häflte geladenem Akku hätte mitnehmen können und mich frage, ob ich die Bestellung nicht längst hätte stornieren sollen, kommt meine Pizza: Nach nur wenig mehr als 15 Minuten beginnt der Genuss!

Wie immer: Alles halb so wild. Pures Glück – so oder so. Oder?

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