Was ich immer schon mal machen wollte
Ein freier Tag am Ende des Jahres, der Resturlaub muss weg. Eine gute Gelegenheit für mich alles das zu besorgen, was ich in den letzten Wochen nicht geschafft hatte, alles das zu erledigen, was ich jüngst nicht erledigen konnte und alles das zu machen, was ich längst schon machen sollte oder immer schon mal wollte. Keine Frage, mein Tag war schnell prall geplant, die Laufliste mächtig lang. Aber so richtig Lust auf diesen Stress an einem Urlaubstag hatte ich auch nicht wirklich.
Stolz erzählte ich dennoch meinem Freund, was ich alles vorhabe, worauf er mir nicht minder bedeutungsvoll erklärte, was er an seinem freien Tag in der kommenden Woche zu erledigen gedenke. Weil er nur eines in Angriff nehmen wollte, kam mir sein Tag zwar zunächst vergleichsweise transparent vor. Und doch verstand er seiner Planung etwas weltretterisches zu geben, dass ich hochgespannt an seinen Lippen hing und es kaum erwarten konnte, zu hören, was bei ihm denn so elementares anstünde. Mit wichtigem Blick teilte er mir schließlich mit, dass er zum T-Punkt in unserer Stadt zu gehen vorhabe, um dort alle Fragen zu klären, die er an der von ihm so verhassten Hotline nicht lösen könne oder gar nicht zu lösen gedenkte. ‚Eine Maßnahme apokalyptischen Ausmaßes‘ dachte ich, was zumindest die von meinem Freund so nachdrücklich verliehene Ernsthaftigkeit unterstrich.
Mich brachte das auf eine interessante Idee für meinen bevorstehenden Urlaubstag. T-Punkte sind für mich schlechthin die anachronistischen Pranger der Gegenwart, die Scheiterhaufen von heute. Ich habe in T-Punkten viele kostbare Stunden meines Lebens verbracht. So viele, dass mich irgendwann keine zehn Pferde mehr dahin bekommen hatten und ich meine Angelegenheiten gezwungenermaßen anders zu regeln beschloss: Internet oder Call-Center, ja ich habe sogar Briefe geschrieben. In einigen Fällen habe ich es auch einfach gelassen. Mit anderen Worten: Ich habe mit dem T-Punkt noch eine fette Rechnung offen.
Also zog ich es in Erwägung, einen weiteren Termin in meinen Urlaubstagsplan aufzunehmen: Einen Besuch im T-Punkt an einem entspannten Freitag-Morgen. ‚Da ist nicht viel los‘ dachte ich mir und ich würde bestimmt sofort einen Berater erhalten. Vielleicht könnte ich mir sogar einen aussuchen…?! Und dann – ja dann würde ich nicht meine Dinge regeln wollen, denn es gibt gerade gar nichts zu regeln, sondern ich würde Fragen stellen, die mich eigentlich gar nicht interessieren, würde mir Tarife erklären lassen, die ich nicht benötige und würde mir Handys zeigen lassen, die ich nicht haben wollen würde. Ganz bestimmt würde ich dem T-Punktler aber nach spätestens 20 Minuten so auf den Nerv gehen, wie er und seine Kollegen es zuvor so oft mit mir machten. Ich würde mich freuen über seinen im sekundengenauen Takt ansteigenden Puls und sein langsam magentarot anlaufendes Gesicht. Pay back day!
Plötzlich hatte mein Arbeitsurlaubstag einen Sinn. Und dann passte alles ins Konzept: Ein freier Tag, Gelegenheit alles das zu besorgen, alles das zu erledigen und vor allem endlich mal zu machen, was man immer schon mal machen wollte.
Auf den Punkt! Hätte ich eigentlich schon viel früher machen sollen…