Zwischen Fata Morgana und Geisterbahn
Ich laufe locker und entspannt die etwa 1500 m zum eigentlichen Start meiner Runde. Von hier an geht es knappe 30 Minuten mehr oder weniger bergan. Schritt für Schritt arbeite ich mich zum Wendepunkt meiner heutigen Tour vor.
Der Wendepunkt ist eigentlich gar keiner. Es ist mehr ein Wendeort, der in runden 12 Minuten in einer letzten knackigen Steigung umrundet werden will. Danach sind (a) die Beine zum ersten Mal richtig weich und (b) die Kräfte bis auf weiteres dahin.
Gut, dass ich jetzt mehr bergab laufen kann. Die nächsten 25 Minuten versuche ich mich zu erholen. Schließlich muss ich – wenn ich aus dem Wald wieder herauskomme – noch die eineinhalb Kilometer heim laufen. Bergauf!
Wie ich aus dem Wald so herauskomme und auf die Straße heimwärts schwenke, kommt mir ein älterer Herr mit einem Schirm an der Hand entgegen. In Sprechweite grüße ich so freundlich es meine Restkräfte zulassen und er spricht mich an: „The opposite way would be much easier!“ höre ich ihn sagen und denke, dass ich mich verhört habe. Aber er grinst breit und weist mit seinem Schirm bergab. Ich murmele etwas wie: „True, but I am looking for an exercise“, da lacht er, sagt „enjoy“ und geht in die Richtung weiter, in sein Schirm zeigt: Talwärts.
Den Rest der Strecke laufe ich wie in Trance. Zu Hause angekommen halte ich den englisch sprechenden Herren für eine Fata Morgana und mein Hirn für eine Geisterbahn. Glaubt mir eh‘ keiner, diese Geschichte. War aber trotzdem gut.