Die Null muss stehen
3:0 stand es schließlich, kurz bevor ich vom Laufen heimkam. Drei mal hatte ich mich selbst besiegt. Und das ging so:
Eines der Musikstücke, dass ich hörte, während ich mich den Berg hinauf quälte, kam mir bekannt vor. Die Band kannte ich. Selbstredend fiel mir deren Name nicht ein. Nach kurzer erfolgloser Überlegung beschloss ich, keinen weiteren Gedanken darüber zu verschwenden und statt dessen die Musik zu genießen.
Das allerdings empfand ich als grobe Niederlage meinerselbst gegen mein Erinnerungsvermögen und das wollte ich nicht auf mir sitzen lassen. Also vertagte ich die Frage, ohne sie aufzugeben und nahm mir vor, mich zunächst mit dem nächsten Interpreten warm zu raten.
Natürlich kannte ich auch den, natürlich nicht seinen Namen. Und während ich noch am zweiten Musiker rätselte, schoss mir – für mich völlig überraschend – der Name der ersten Band in den Kopf, womit die erste Aufgabenstellung bravurös gelöst war.
Nur wenige hundert Meter weiter lag – plötzlich und unerwartet – auch der zweite Name auf meiner Zunge und wurde sauber ausgeprochen, nebst verhaltenem Jubelschrei, denn dass mir zwei so kniffelige Denkaufgaben in so kurzer Zeit gelangen, das muss zuletzt während meiner Vorschulzeit stattgefunden haben.
Beim Stande von 2:0 verließ ich den Wald. Bis hier her war ich wie in Trance gelaufen. Die sonst so lästigen Steigungen hatte ich mir flugs weggerätselt. Ich war mit mir und meiner unglaublichen Performance hochzufrieden, als mir ein Wagen entgegenkam, dessen Fahrer ich kannte: Ein Arzt aus meinem Heimatort. Und der hatte einen Namen und der fiel mir nicht ein. Schon wähnte ich meine Serie in Gefahr, als der Name beinahe wie von selbst durch die Hirnrinde kroch und in leuchtenden Lettern vor meinem inneren Auge entlang tickerte.
Während der letzten Kilometer gönnte ich meinem Kopf eine Auszeit, er war mindestens so müde, wie meine Trance-Beine. Vor allem wollte ich eines nicht riskieren: Dass ich mir noch einen einfange. Die Null musste stehen!
Zur Nachahmung empfohlen.