Im Einkaufsdschungel
Ganz entspannt saß er da, der Mann, der augenscheinlich wartete. Er saß in einem dieser extra für uns Männer vor den Umkleiden der Damen-Abteilungen in ausnahmslos allen Kaufhäusern dieser Welt bereitgestellten Sesseln. Und er schien – bestimmungsgemäß – zu warten. Ein wenig beneidete ich ihn, um seine entspannte Lagerung, war ich doch im Schlepptau einer hektischen Shopperin…
Bei diesen Sesseln muss es sich im Übrigen um ganz besondere Möbelstücke handeln, denn – ich weiß nicht, wie Ihr das seht – wann immer ich mich in einen dieser Sessel fallen lassen kann überkommt mich Dankbarkeit. Wahrscheinlich, weil ich nach Stunden exzessiven Hetzens zwischen Hosen und Blusen, Jacken und Schuhen, begleitet vom Tütenschlepp-Contest, endlich zu einer kurzen lebensrettenden Verschnaufpause komme. Genau das schien der Herr dort auch zu spüren: Ruhe und Dankbarkeit wohnten ihm inne. Mir jedoch wurde dies heute nicht zu Teil. Nur kurz waren meine Unterbrechungen. Zu oft wurde ich geschickt, um andere Größen eines ins engere Ziel gefassten Kleidungsstücks zu apportieren.
Doch halt: Bevor Ihr mich mit Mitgefühl überschüttet solltet Ihr dies wissen: Dank meiner aktiven Mitarbeit in Nachschub und Beratung – ja, auch dafür bin ich uneingeschränkt einsetzbar – gelang es uns, den Einkauf zügig abzuwickeln, noch bevor ich zu einem ähnlich bedauernswerten Fall, wie der beschriebene Herr geriet. Denn als wir das Geschäft verließen, saß er noch immer da in seinem Sessel. Auf seinem Schoß hatten sich zwischenzeitlich einige Kleidungsstücke angesammelt, was ich zumindest als ein Zeichen dafür deutete, dass sein Suchtrupp voran kam.
So bequem sein Sessel auch sein mochte – ich hoffte für ihn, dass auch er mittlerweile sein Lager verlassen konnte, falls man ihn unter den Errungenschaften nicht vergessen hat…