Seine Welt ist so einfach. Jedenfalls scheint es mir so. Denn seine Weltansichten und seine Logik sind bestechend einfach.
Die Rede ist vom hoch geschätzten und freundlichen Betreiber der kleinen Reinigung im Nachbarort, die sich so liebevoll um meine leidgeprüfte Kleidung kümmert. Grieche ist er und trägt – allen Klischees entsprechend – einen mächtigen Schnauzbart im Gesicht. Zugleich lässt sein Akzent keinen Zweifel daran, dass er ein stolzer Hellene ist: „Mein Frrreund, komme ich aus Griechenland. Isse schönste Land von ganze Welt! Machst Du Urrrrlaub inne meine Land, isse alles gaanze toll und isse billig. Überall!“ Und dabei breitet er stets stolz seine Arme aus, als ob er mich und den Rest der Welt umschlingen wolle.
Und seine Welt – wie gesagt – ist ganz einfach:
1. Wer wochentags kurze Ärmel trägt, hat Urlaub. („Hasse schone wieda Urrrrlaub, mein Frrrreund?“)
2. Wer seine Wäsche erst bei Abholung zahlen möchte, hat kein Geld. („Bisse blank, mein Frrreund?“)
3. Wer keine Zeit zum Plausch mit ihm hat, macht etwas falsch. („Du verstehse nix vom Lebbe, mein Frrrreund!“)
So einfach ist das für ihn.
Also versuche ich Fehler zu vermeiden. Ich kleide und verhalte mich so, dass mir ja keine Beschwerden kommen: Wenn ich meine Wäsche zu ihm bringe gebe, trage ich langen Arm und gebe keinen Anlass zu falschen Annahmen. Und ich zahle immer vorab. Das stellt ihn zufrieden. Und wenn ich es dann mal wieder eilig habe und er sich darüber beklagt („Wasse jetz? Hasse kein Zeit oder was, mein Frrreund?“) erwidere ich: „Genau. Ich muss arbeiten, damit ich genügend Geld verdiene, um mir Deine Dienste auch weiterhin leisten zu können!“
Gesagt – getan. Mit einem enttäuschten Wink mit der Hand hat er mich daraufhin aus seinem Geschäft gewischt: „Andio, mein Frrrreund. Verstehse wirklich nix vom Lebbe!“
Seine Welt ist so einfach…