Seit Jahren schon haben wir einen Lieblingsitaliener, so wie viele andere Menschen in anderen Städten rund um den Globus ihren persönlichen Favoriten unter den italienischen Köchen haben. Und egal wo dieser Pizza/Pasta-Spezialist sein Lokal auch betreiben mag – es ist allen etwas gemein: Die Herzlichkeit, mit der man dort empfangen wird. Nicht zuletzt deshalb gehen auch wir so gerne zu unserem Italiener.
Seit Jahren schon – und der Grund hierfür ist mir absolut nicht klar – nennt mein Italiener mich ‚Michael‘, obwohl ich gar nicht Michael heiße. Haben wir uns zunächst über diesen Irrtum insgeheim lustig gemacht, hat es mich zunehmend gestört. Außerdem wuchs in mir das Bedürfnis, diesen Irrtum endlich richtig zu stellen. Nach all‘ den Jahren wurde es durchaus Zeit!
Gestern Abend war es dann soweit. Und als Tino – unser Italiener – seinen Irrtum erkannte, bemerkten wir, dass er litt: Unter einer Mischung aus Verunsicherung, Peinlichkeit und Verletztheit. Erwartungsgemäß fing er sich fix und seine allabendliche Aufführung in seinem Lokal wurde fortgesetzt.
Bleibt wiedereinmal die Frage, wieviel Wahrheit verträgt der Mensch? Will er – oder muss er – in seiner persönlichen, selbst geschaffenen Wahrheitswelt leben?
Wir werden dies zumindest in Bezug auf Tino beobachten; ob er bei unserem nächsten Besuch wieder ‚Michael‘ sagt. Dann wissen wir: Für diese Wahrheit war Tino noch nicht bereit.